Wegen einer neuen Steuer-Regel verdienen Wiesn-Bedienungen künftig weniger
Von Hermann Weiss
Wenn das erste, kühle Lüfterl die wenigen Wolkenhaufen am Himmel durcheinanderwirbelt. Wenn die Stadt wie leer gefegt scheint, weil die meisten Münchner unter Sonnenschirmen an irgendwelchen Stränden liegen. Wenn das Einzige, wo sich was rührt, die Pop-up-Stores sind, in die ihre Besitzer Wagenladungen voller Dirndl und Lederhosen kippen. Dann ist die Wiesn nicht mehr weit.
Grad‘ schee is‘! Oder, um es mit Ludwig „Wiggerl“ Hagn zu sagen, dem Münchner Wirte-Faktotum und Chef des Löwenbräuzelts auf dem Oktoberfest: „Schee waar’s!“ Denn wie es aussieht, gehen ein paar Gschaftlhuber in Berlin, „sogenannte Politiker ohne Herz und Verstand“ (Hagn) der Wiesn gerade an den Lebensnerv.
Anders als beim Rauchverbot, das nach breiter, öffentlicher Diskussion inklusive Bürgerentscheid eingeführt wurde, geht es diesmal um fünf Worte, die der Bundesgesetzgeber mehr oder weniger unauffällig in die Ausführungsbestimmungen zum Paragraf 42 Absatz 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz hineingeschrieben hat. Fünf Worte!
Aber die haben es in sich. Sagt „Wiggerl“ Hagn. Sagt Franz Bergmüller, Vorsitzender des Vereins zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur. Sagt die Oktoberfest-Bedienung Barbara Hartl. Alle zusammen sind sie enttäuscht. Erregt. Empört. Und: „Sie haben recht“, sagt die Münchner Steuerberaterin Ingrid Feuerecker.
Die neue Regelung wird dazu führen, dass (Aushilfs-)Bedienungen wie die Hausfrau Barbara Hartl, 61, die ein paar Mal im Jahr, bei Volksfesten in Niederbayern und auf der Wiesn, in unterschiedlichen Zelten für verschiedene Wirte arbeitet, steuerlich wie Besserverdienende behandelt werden.