Repräsentative Umfrage des Vereins zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur e.V. – VEBWK abgeschlossen. Überraschende Ergebnisse.
Was hat sich geändert? Reaktionen, Auswirkungen, Erkenntnisse.
München/ Bayern, 30.06.2011
Etwa ein Jahr nach dem bayerischen Volksentscheid über ein absolutes Rauchverbot (4. Juli 2010) wollte der VEBWK wissen, ob und welche Veränderungen in Bayern eingetreten sind. Hat sich das Ausgehverhalten der Bevölkerung geändert? Fühlen sich die Bayern jetzt wohler oder werden die Folgen des absoluten Rauchverbots in der bayerischen Gastronomie mit Argwohn beurteilt? Der Verein beauftragte das renommierte Münchner Meinungsforschungsinstitut MIFM mit einer Bayern weiten Umfrage. Vom 19. Mai bis 8. Juni wurden insgesamt 1.076 Personen ab 18 Jahre in ganz Bayern befragt. Einige überraschende Ergebnisse, aber vor allem die Erkenntnis: die Auswirkungen, die der VEBWK bereits vor dem Volksentscheid prognostizierte, sind eingetreten.
Helmut Aumüller, Chef des Münchener Instituts für Marktforschung MIFM stellte dem Gesamtvorstand des VEBWK e.V. in dieser Woche die Umfrageergebnisse der zweistufigen Zufallsstichprobe vor. Mit großem Interesse verfolgten der Vorsitzende des Vereins, Franz Bergmüller, und seine Vorstandskolleginnen- und Kollegen die Erläuterungen des Experten. Gefragt wurde nach den Auswirkungen des Rauchverbots in Bayern im Hinblick auf das Ausgehverhalten. Darüber hinaus untersuchte man die heutige Einstellung zu Themen wie „Beeinträchtigung von Freiheitsrechten“ und die Bereitschaft zu Protestaktionen insgesamt. Die Untersuchung sollte Aufschluss geben, ob sich die Bürgerinnen und Bürger in Bayern insgesamt für mehr politische Beteiligung aussprechen und welche Zeitthemen dabei besonders im Fokus stehen.
Der Gastronomiebesuch der Bayern hat sich gewandelt. Die Annahme, dass nach Einführung eines strikten Rauchverbots in der Gastronomie Gästezahlen sogar steigen, hat sich nicht bestätigt. 56 Prozent der Befragten gaben an, im letzten Monat ein Lokal besucht zu haben. Hier waren mit 59 Prozent die Männer beteiligt. Spitzenreiter in den Altersgruppen bildeten die jüngeren Menschen bis 30 Jahre. Auffällig aber: 66 Prozent der Besucher von Lokalen gaben an, eher seltener als früher (vor dem Rauchverbot) die heimische Gastronomie zu besuchen. Nur 8 Prozent gehen heute häufiger in die Kneipe. Widersprüchlich auch, dass als häufigster Grund für reduzierten Gaststättenbesuch die Familie mit kleinen Kindern genannt wurde. Somit dürfte das Argument der „rauchfreien Gastronomie“ für diese Zielgruppe widerlegt worden sein. Allerdings gaben nur 9 Prozent an, dass sie aufgrund des Rauchverbotes weniger fortgehen. Weitere 4 Prozent meinten, dass ihre Freunde weniger ausgehen und sie deshalb ebenfalls ihre Gewohnheiten verändert haben. Speziell die Altergruppe der 30 bis 39jährigen scheint hier maßgeblich betroffen.
Hat sich die Stimmung im Lande insgesamt verändert? Neigen die Bürgerinnen und Bürger stärker dazu, sich intensiver in politische Entscheidungsprozesse einzubringen? Hier wurde zum Beispiel gefragt „Wie stark haben Sie sich bzw. würden Sie sich bei staatlichen Maßnahmen in Ihren persönlichen Freiheitsrechten eingeschränkt fühlen?“. 23 Prozent nannten das Rauchverbot als starke oder sehr starke Beeinträchtigung. Somit keinesfalls eine echte Befriedung des Themas. Andere Themen bewegen aber aktuell noch mehr die Gemüter. Sehr stark oder stark eingeschränkt fühlen sich die Menschen in Bayern auch bei Themen wie Vorratsdatenspeicherung (64%), staatliche Videoüberwachung (34%), Ausweitung der Sperrzeiten in der Gastronomie (32%) und bei einer Verschärfung der Blutalkoholgrenze im Straßenverkehr auf 0,0 Promille (23%). Die Sperrzeitthematik trifft mehrheitlich die unter 30jährigen, bei deutlich älteren Mitbürgern spielt das Thema eine untergeordnete Rolle. Recht interessant auch die Verbindung mit Parteiensympathien. Durch das Rauchverbot eingeschränkt fühlen sich 29 Prozent der SPD-Sympathisanten. 38 Prozent der Anhänger der Freien Wähler wenden sich gegen eine 0,0 Promille Grenze.
Nach Stuttgart 21 und der aktuellen Atom-Ausstiegsdiskussion wollte man zusätzlich wissen, inwieweit sich die bayerische Bevölkerung vorstellen kann, sich aktiv an Protesten zu beteiligen. Was regt die Leute auf? Insgesamt 23 Prozent, also etwa 2,37 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Bayern gaben an, dass sie bereit wären, sich an Protesten zu beteiligen bzw. dieses bereits getan haben. Hier sind alle Altersgruppen repräsentiert. Überdurchschnittlich viele SPD und GRÜNE – Sympathisanten sind dazu bereit. Und welche Themen fassen die Bayern an? Spitzenreiter – erwartungsgemäß – ist die Atompolitik bzw. Energiepolitik mit 28 Prozent Nennung. Es folgen auf den Plätzen Umweltschutz, Lebenshaltungskosten, Politik, Parteien und EU, Rente/ Rentenalter. Bildungspolitik, Gesundheitspolitik u.a. rangieren eher auf hinteren Plätzen. Besondere und eher direkte Betroffenheit, also vor der eigenen Haustür (Straßenbau, 3. Landebahn usw.) wurden mit 17 Prozent Nennung zusammengefasst und lassen darauf schließen, dass Bürgerprotest häufig ein direktes, persönliches Anliegen darstellt.
Der VEBWK sieht sich in vielen Punkten bestätigt, dass Bevormundung und Verbotsspirale beim Bürger auf Skepsis stößt. Nach einem Jahr Rauchverbot wäre die Zeit gekommen, über vernünftige Nachbesserungen nachzudenken und optimierte Lösungen zu erarbeiten. Parallel zu dieser Studie hat sich der VEBWK an einer weiteren Untersuchung beteiligt. Unter Leitung des Partnervereins BFT e.V. Bürger für Freiheit und Toleranz und Beteiligung des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes BHG Dehoga Bayern entsteht aktuell eine repräsentative Studie, welche Auswirkungen das absolute Rauchverbot in der Kleingastronomie in Bayern erwirkt hat. Diese Fakten werden erstmals sehr differenziert erhoben, denn bislang konnten lediglich Ableitungen und Vermutungen aus Gesamt-Statistiken der Landesämter bzw. des Statistischen Bundesamtes vorgenommen werden. Die Ergebnisse der aufwendigen Untersuchung werden am 1. August 2011 vorliegen und präsentiert. Hat es den speziellen Bereich der Kneipen, Pubs und Clubs besonders hart getroffen? Wurde tatsächlich ein echter Nutzen durch das strikte Rauchverbot erzielt, oder hat man wohlmöglich die Falschen getroffen? Das Thema insgesamt berührt also weiterhin und es ist wohl nicht damit zu rechnen, dass es bis zur nächsten Landtagswahl 2013 zur Ruhe kommt.
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