Die befristete Mehrwertsteuersenkung ist gekommen. Laut Bundesfinanzminister Scholz sei es jetzt eine „moralische Pflicht“ der Unternehmen, diese über Preissenkungen an die Kunden weiterzugeben. Der Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur (VEBWK) kritisiert diese Mahnung des Politikers. Für die von der Coronakrise stark angeschlagene Gastronomiebranche käme eine Weitergabe der Steuersenkung einem „betrieblichen Selbstmord“ gleich.
An diesem Mittwoch trat jetzt die befristete Mehrwertsteuersenkung in Kraft. Mit der Einführung legte Bundesfinanzminister Scholz den deutschen Unternehmen nahe, diese Senkung über reduzierte Preise an die Kunden weiterzugeben. Sollte es nicht flächendeckend zu Preissenkungen kommen, wäre dies nicht im Sinne der Konsumenten. „Was für den Lebensmitteleinzelhandel, den großen Gewinner der Coronakrise, folgerichtig gilt, wäre für die Gastronomiebranche ein Todesurteil“, sagt dazu VEBWK-Geschäftsführerin Dr. Ursula Zimmermann, „es ist nur gerecht, wenn Unternehmen, die keinen großen Schaden durch den Lockdown davon getragen haben, diesen Preisvorteil an die Kunden weitergeben. Für Gastronomen zählt momentan jedoch jeder Cent!“
Kaum eine andere Branche hat durch die Coronakrise mehr Schaden davongetragen, als die Gastronomie. Während die ersten Betriebe jetzt unter einschneidenden Bedingungen wieder geöffnet haben, gibt es für tausende Kneipen und Bars in Bayern noch immer keinerlei Perspektive. „Die Steuersenkung auf Speisen soll laut der Bundesregierung ‚das Gastronomiegewerbe in der Zeit der Wiedereröffnung unterstützen und die wirtschaftlichen Auswirkungen in der Corona-Beschränkungen mildern‘“, so Dr. Zimmermann, „die finanzielle Entlastung sollte dann natürlich auch den direkt den Betrieben zugutekommen. Eine Preissenkung wäre in dieser Zeit fatal.“
Dabei darf nicht übersehen werden, wer die Verlierer der derzeitigen Maßnahmen und Hilfen sind. Gerade der noch nicht geöffnete Teil der Branche darf weder auf eine zeitnahe Öffnung hoffen, noch entsteht den Betrieben ein Vorteil aus der Steuersenkung, die nur auf Speisen abzielt. „Wir fordern einen schnellen Fahrplan für unsere getränkeorientierte Gastronomie und entsprechend auch eine Anwendung des reduzierten Steuersatzes auf Getränke“, so die Geschäftsführerin, „es kann nicht sein, dass tausende Betriebe in Bayern
schlichtweg im Regen stehen gelassen werden.“ Zudem leidet die schwer angeschlagene Gastronomiebranche jetzt nicht nur an den massiven Umsatzausfällen, den Hygienemaßnahmen und mangelnder Perspektive: Für den VEBWK vollkommen unverständlich wurde die Nichtbeanstandungsfrist für die Einrichtung von manipulationssicheren Kassensystemen durch das Bundesfinanzministerium nicht verlängert. „Der VEBWK spricht sich nicht allgemein gegen die Einrichtung eines solchen Systems aus“, sagt Dr. Ursula Zimmermann, „momentan sollte die Regierung auf Bundes- und Landesebene jedoch definitiv andere Prioritäten setzen. Die Nichtverlängerung der Frist ist ein falsches Signal und verursacht weitere Kosten für die Branche. Es geht um die Existenz einer ganzen Branche, auch wenn das anscheinend noch immer nicht alle verantwortlichen Politiker begriffen haben.“