Pamphlet gegen die Entmündigung
Berthold Merkle
Natürlich ist Rauchen ungesund, Saufen und Fressen auch. Wer mit 200 Kilometern pro Stunde über die Strassen rast, bringt sich um und andere auch. Dennoch fordert der NZZ-Mitarbeiter David Signer «Weniger Verbote! Mehr Genuss!» und scheut dabei in seinem gleichnamigen Büchlein auch vor drastischen Formulierungen nicht zurück.
Engagiert und ohne Scheuklappen rückt er die Verhältnisse zurecht. Nicht das Verhalten der Menschen sieht der Autor als Problem, sondern den Umgang damit: die Flut der Beschränkungen, der Vorschriften und der Warnhinweise. «Der Eifer der Politiker, uns vor uns selbst zu schützen, macht uns zunehmend zu Kindern», schreibt Signer. Und wird zu seinem Ärger auch noch von der Bevölkerung akzeptiert.
Der Ethnologe Signer verweist auf afrikanische Gesellschaften und kann sich über die europäische Regelungswut – die eigentlich eine importierte amerikanische ist – nur wundern. Oder aber aufregen, und dies macht diese kleine Essaysammlung zu einer ganz köstlichen Fundgrube für heute öffentlich nur noch selten geäusserte Ansichten. David Signer traut sich und legt sich mit den Gutmenschen an, mit den selbsternannten Zivilisationsschützern. Gegen den Strich gebürstet, nannte man dies früher.