Der Staat ein Zechpreller? So hat es derzeit bei der fehlenden Auszahlung der November- und Dezemberhilfen für die Gastronomie den Anschein. Der Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur verurteilt diesen untragbaren Zustand und spricht von „skandalösem Verhalten“ des Staates.

 „Der Staat bestellt – bezahlt aber seine Zeche nicht“, so beschreibt VEBWK-Geschäftsführerin Dr. Ursula Zimmermann die derzeitige Situation in der Gastronomie, „Betriebe werden systematisch an die Wand gefahren. Noch immer werden November- und Dezemberhilfen nicht ausbezahlt. Die Verantwortlichen verstecken sich hinter vermeintlich fehlender Software.“ Dabei entbehren diese Ausreden jeglicher Grundlage: Die Beantragung der Novemberhilfe ist nur über einen Steuerberater möglich. Dieser übergibt geprüfte Zahlen in die Behörden, die lediglich verarbeitet und möglichst schnell ausbezahlt werden sollten, um der von der Corona-Beschränkungen stark angeschlagenen Gastronomiebranche zumindest den Hauch einer Überlebenschance zu geben.

„Es ist die einfachste Verhaltensregel, dass man das bezahlt, was man bestellt“, so Zimmermann, „dies gilt für die staatlichen Behörden und die Politik allem Anschein nach nicht. Offensichtlich ist man nur beim ‚Bestellen‘ schnell – beim Bezahlen aber nicht.“ Dieses billige Verhalten seitens des Staates ruft bei den Betroffenen Wut, Verzweiflung und Resignation hervor. „Es ist traurig, dass man trotz der geforderten Einschränkungen wie ein Bittsteller auftreten muss“, kritisiert die Geschäftsführerin, „die Branche alle geforderten Auflagen erfüllt – trotzdem dürfen die Betriebe bis mindestens 10. Januar nicht öffnen. Weiterhin ist ungewiss, wie es danach weitergeht!“

Ein Schlag ins Gesicht für viele Gastronomen, die viel Zeit und Geld in die Erfüllung der Auflagen gesteckt haben. Dass die Gastronomie kein Infektionstreiber ist, beweisen die Zahlen: Stand heute ist kein nennenswerter Ausbruch aus dieser Branche bekannt, zudem ist fünf Wochen nach rigoroser Schließung der gesamten Gastronomie weiterhin kein Rückgang der Zahlen zu verzeichnen. 

Will man diese Branche systematisch vernichten oder leiden die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltungen so sehr an Realitätsverlust, dass sie sich nicht über die Auswirkungen ihrer Maßnahmen und den fehlenden Ausgleich im Klaren sind?

VEBWK fordert dringend, die November- und Dezemberhilfen umgehend – noch vor Weihnachten – auszubezahlen und eine weitere Gewährung der Hilfen zu garantieren, solange die Gastronomie weiterhin mit derartigen Maßnahmen gegängelt wird. Bereits jetzt steht fest, dass nicht alle Betriebe diese zweite Schließung überleben werden. Ein trauriges und erschreckendes Bild.

Gleiches gilt auch für die mittelbar von der Gastronomie betroffenen Unternehmen, beispielsweise Getränkehersteller. Auch sie sind durch die einschneidenden Maßnahmen in existentielle Schwierigkeiten geraten. „Hier wurden viele Bereiche schlichtweg übersehen und unverschuldet in wirtschaftliche Notsituationen gebracht, ohne, dass Sie Anspruch auf die Novemberhilfe haben“, weiß Dr. Zimmermann, „auch hier gilt der Grundsatz – und dies hat auch etwas mit Ehre zu tun: ‚wer anschafft, muss auch bezahlen‘.“

Für große Verwunderung sorgt die Tatsache, dass die „Software“ für das Einziehen der Steuern, im Gegenteil zu der für die Ausbezahlung von Geldern, immer gleich zur Verfügung steht und reibungslos funktioniert. So ist dem VEBWK kein einziger Fall bekannt, bei dem beispielsweise die Abbuchung der fälligen Umsatzsteuer, nicht binnen weniger Tage funktioniert hätte. Selbstverständlich inklusive Säumniszuschläge, wenn die Voranmeldung auch nur einen Tag zu spät kommt. Dies funktioniert übrigens auch in der derzeitigen Ausnahmesituation ohne jegliches Entgegenkommen ohne Probleme.

Dr. Zimmermann fordert jetzt dringend, dem skandalösen Verhalten seitens Politik und Staat endlich ein Ende zu bereiten und appelliert an die Ehrenhaftigkeit des Staates, das Vertrauen in die Institutionen nicht noch mehr zu erschüttern. Ansonsten sollte man sich als Betroffener dann doch überlegen, ob man im Januar auch nicht mehr pünktlich seine Umsatzsteuervoranmeldung abgibt – der Staat macht es schließlich vor.

Auch durch die Aufhebung der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge könnte man dem Gastgewerbe mehr Liquidität verschaffen. Gleichzeitig wäre damit auch eine Entbürokratisierung zu erreichen.

 

 – Ende der Pressemitteilung –

 

Mittlerweile hat auch der bayerische Wirtschaftsminister reagiert und Unterstützung signalisiert. In einer Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums heißt es dazu:

„Die Abschlagszahlungen bis zu 10.000 Euro fließen schnell, aber vor allem für größere Betriebe ist das nicht ausreichend, um die Fixkosten zu decken. Deshalb fordere ich bei größeren Betrieben mindestens  bis zu 100.000 Euro schnell aufs Konto und zeitnahe Endabrechnung. Außerdem brauchen wir vom Bund schnellstens die Abrechnungssoftware, damit die Länder damit arbeiten können. Nicht erst irgendwann, sondern hoffentlich noch im Januar.“

Steingarts Morning Briefing und mehrere Medien berichtet heute:

„Die Bundesregierung unterdessen will nach massiver Kritik aus der Wirtschaft bei den Novemberhilfen für Firmen im Teil-Lockdown nachlegen. Abschlagszahlungen sollen erhöht werden – also erste Gelder, die an Betroffene fließen. Unternehmen werden statt bisher maximal 10.000 Euro künftig maximal 50.000 Euro bekommen.“