Die angekündigten Öffnungen in der Gastronomie sind ein erster Lichtblick. Jedoch dürfen nicht alle Bereiche der Branche auf Lockerungen hoffen. Der Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur (VEBWK) hat jetzt verschiedene Konzepte und Forderungen erarbeitet, um die gesamte Gastronomie schnell und sicher zurück in die Normalität zu führen. Wie stark der Rückhalt der bayerischen Bevölkerung dabei ist, zeigte sich jetzt auch in einer Gastronomie-Umfrage des Vereins.
„Die von Ministerpräsident Markus Söder verkündeten Öffnungstermine für Teile der Gastronomie sind ein erster Schritt in die richtige Richtung“, sagt VEBWK-Vorsitzender Franz Bergmüller, „jedoch haben viele Teile der Branche noch immer keinen Lichtblick in dieser Krise.“ Die angekündigten Öffnungen beziehen sich lediglich auf Außengastronomie und Speiselokale. Erlebnisgastronomie, Bars und Kneipen müssen ihre Türen weiterhin auf unbestimmte Zeit geschlossen halten. „Das ist so für uns definitiv nicht akzeptabel“, so Bergmüller, „tausende Existenzen werden hier sehenden Auges in das finanzielle Aus getrieben.“ Zudem kritisiert der VEBWK-Vorsitzende die Willkür, mit der die angekündigten Öffnungen auch von einem Tag auf den anderen wieder zurückgenommen werden können. „Söder hat in seiner Pressekonferenz ganz klar betont, dass die Lockerungen auch mit sofortiger Wirkung wieder beendet werden können“, sagt Franz Bergmüller, „unsere Wirte sehen sich so tagtäglich mit der Gefahr des erneuten Shutdowns konfrontiert. Das ist keine Lösung!“ Einen zweiten Shutdown überlebt die Branche nicht.
Auch die begleitenden Maßnahmen, die an die Öffnung von Teilen der Gastronomie geknüpft sind, kann der VEBWK so nicht akzeptieren. „Ziel muss es sein, zurück in die Normalität zu finden“, sagt dazu die Geschäftsführerin Dr. Ursula Zimmermann, „praxisfremde Schutz- und Hygienemaßnahmen, einschneidende Beschränkungen und das ständige Damoklesschwert einer erneuten Zwangsschließung sind dabei definitiv nicht der richtige Weg!“ Der Verein fordert daher nun, die angekündigten „Sperrstunden“ um 20 Uhr, bzw. 22 Uhr zu kippen und nicht umsetzbare Pflichtmaßnahmen, beispielsweise die Maskenpflicht in der Küche, anzupassen. „Außerdem brauchen wir dringend einen Fahrplan für Kneipen, Bars und Erlebnisgastronomie“, so Dr. Zimmermann, „es reicht nicht, nur Teilen der Branche Perspektiven zu bieten. Unsere Unternehmer brauchen Planungssicherheit!“
Zurück in die Normalität – das wünscht sich ein Großteil der Bürger und Wirte. „Über unsere Facebook-Seite haben wir in den vergangenen Tagen eine großangelegte Umfrage durchgeführt“, erzählt die VEBWK-Geschäftsführerin, „das Ergebnis ist eindeutig!“ 3167 Teilnehmer stimmten ab: Sollen Biergärten, Cafés und Restaurants so schnell wie möglich unter Auflagen wieder öffnen oder ist es noch zu früh? „84 Prozent der Gäste und Wirte sprechen sich klar für eine schnelle Öffnung aus“, so Dr. Zimmermann, „wir Bayern möchten zurück in die Normalität! Als Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur ist das auch unser Ziel, für das wir mit aller Kraft eintreten!“
Für einen sicheren Übergang zurück in die Normalität hat der VEBWK ein konkretes Konzept und Forderungen erarbeitet. „Gemeinsam mit Gästen und Wirten haben wir ein Schutzkonzept mit leicht umsetzbaren Maßnahmen erarbeitet und dem Wirtschaftsministerium vorgelegt“, so die Geschäftsführerin, „diese Regelungen sollen jedoch nur einen Einstieg darstellen und müssen regelmäßig auf Notwendigkeit überprüft werden. Ziel ist es, in der Gastronomie auf Dauer auf derartige Auflagen verzichten zu können.“ Der VEBWK setzt außerdem auf Präventivmaßnahmen, die eine umfassendere Öffnung der Betriebe zulassen. „Das ‚Fahren auf halber Kraft‘, das von der Politik jetzt als Lösung in der Krise propagiert wird, kann kein Gastronom auf Dauer überleben“, sagt Franz Bergmüller, „wir müssen Wege finden, um das ‚a la carte‘- und auch das Bankettgeschäft weiter zu normalisieren, bzw. überhaupt erst wieder stattfinden lassen zu können.“ Der VEBWK schlägt daher für Banketts verpflichtende Anwesenheitslisten vor. So könnte im Falle einer Corona-Erkrankung schnell die Infektionskette nachverfolgt und unterbrochen werden. „Auch bei Bars, Tanzlokalen und Erlebnisgastronomie kann dieses System zur Infektionskettenunterbrechung angewandt werden“, sagt Bergmüller, „durch die Erfassung der Kontaktdaten können, wie damals bei Webasto, dann im Falle einer Erkrankung die Kontaktpersonen genau nachverfolgt werden.“ Einige Bars und Gastronomiebetriebe im gehobenen Bereich setzten bereits seit Längerem auf ähnliche Konzepte.
Um eine Normalisierung des Gastronomiebetriebes jedoch auch nur im Ansatz zu erreichen, ist es dringend notwendig, die derzeitigen Kontaktbeschränkungen zu beenden, bzw. zu lockern. „Solange es den Menschen nicht erlaubt ist, mit Freunden oder in einem größeren familiären Kreis an einem Tisch zu sitzen, kann es keinen ernstzunehmenden Gastronomiebetrieb in Bayern geben“, so der VEBWK-Vorsitzende, „wir brauchen hier eine schnelle und großzügige Lockerung.“ Alle Maßnahmen, die eine Normalisierung ermöglichen, würden sonst ins Leere laufen.
„Wir werden mit Corona leben müssen“, so Bergmüller, „ein ewiger Shutdown oder einschneidende Beschränkungen über Monate oder sogar Jahre kann die Gastronomiebranche, aber auch die gesamte Wirtschaft, nicht tragen. Unsere Konzepte und Forderungen sind wohl überlegt und in Zusammenarbeit mit Experten entstanden. Wir stellen einen Weg vor, der trotz Corona einen Übergang zurück in die Normalität ermöglicht. Ich plädiere dringend an alle verantwortlichen Politiker, diesen Weg für das Wohl unserer bayerischen Gastronomie, aber auch aller bayerischen Bürger mitzugehen!“